Der Werkhof der Zukunft
«Der Werkhof Herdern ist das Herzstück des Zürcher Stromnetzes», erklärt Iris Mathez, Leiterin Immobilien ewz auf die Frage, was dort eigentlich gemacht wird. Der Werkhof dient als Drehscheibe für alles, was in der Stadt Zürich mit Mittel- und Niederspannung zu tun hat.
Monteure holen am Werkhof die Stromkabel, die im Graben verbaut werden, oder die Hebebühnen, um öffentliche Beleuchtungen und Uhren zu reparieren. Das separate Bereitschaftslager mit kritischen Ersatzteilen im Fall eines Stromausfalls befindet sich ebenfalls hier.
Der 50 Jahre alte Werkhof soll nun umgebaut und erweitert werden. Zwei neue Etagen schaffen Platz für 600 (bisher 350) Mitarbeitende. Dafür werden bisher gemietete Liegenschaften – und damit Mietausgaben in Millionenhöhe – eingespart.
Interessanter sind aber die Modernisierung der Logistik und die neuen Technologien, die mit dem umgebauten Werkhof möglich werden.
Iris Mathez, Leiterin Immobilien ewz
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Ein ambitiöses Projekt: moderne Logistik, halb so viel Platzbedarf, weniger Mietausgaben, innovative Heizung und Kühlung
Der Werkhof Herdern ist ein historisch gewachsenes Gebilde aus Technologien und Anforderungen des letzten halben Jahrhunderts. So hat es sich ergeben, dass die Logistik heute auf dem ganzen Areal verteilt ist: dort ein Lager, da eine Werkstatt, drüben vereinzelte Büros.
Meinrad Engeler, Leiter Metering und Logistik ewz
Meinrad Engeler, Leiter Logistik ewz, will eine saubere Trennung von Logistik, Büros und Werkstätten. Zusätzlich sollen neue Technologien die Logistikabläufe verschlanken. «Wir brauchen den neuen Werkhof, um ins 21. Jahrhundert zu kommen», erklärt er engagiert.
Automatisierte Lifte und digitalisierte Planungen und Bestellungen werden sich auf die ganze Lieferkette auswirken und weniger Material und Kapitalbindung nötig machen. Das Resultat ist zwar nicht gerade eine Just-in-time-Produktion im Stil von Toyota, aber trotzdem eindrücklich: 50% weniger Platz wird die Logistik auf dem neuen Werkhof benötigen.
Der neue Werkhof wäre also State of the Art, mit Photovoltaikanlage auf dem Dach und einer neuartigen Rezirkulationsanlage im Keller.
Die geplante Rezirkulationsanlage ist ein Beispiel für die Innovation, welche im neuen Werkhof Herdern möglich wird. Sie nutzt die im Grundwasser gespeicherte Temperatur und deckt so den thermischen Energiebedarf zur Wärme- und Kälteversorgung auf dem ganzen Areal.
Die Anlage ist ein Pilotprojekt, das so noch nie gebaut wurde. Rainer Schellenberg, Projektleiter ewz, verweist auf Studien der ETH, wonach konventionelle Grundwassersysteme an ihre Grenzen stossen werden. Nicht so die geplante Rezirkulationsanlage im neuen Werkhof.
Die Anlage nutzt spezifisch das Grundwasser, das im Schotter des ehemaligen Gletschers fliesst. Vor circa 25’000 Jahren bedeckten Gletscher die nördliche Hemisphäre. Hierzulande bezeugen dies der Zürichsee und der Lindenhof, eine vom Linthgletscher geformte Endmoräne.
Der Gletscher liess auch den Limmatschotter zurück. In dieser Kiesablagerung fliesst entlang der Limmat Grundwasser, vom Seeufer bis ins Einzugsgebiet Altstetten. Dort – und überall, wo Grundwasser ehemaligen Gletscher-Schotter durchfliesst – können solche Rezirkulationsanlagen gebaut werden. Wie die Anlage genau funktioniert, erfahren Sie am Ende des Artikels.
Rainer Schellenberg, Projektleiter ewz
Mitten im postindustriellen Quartier:
Hier wird noch handwerklich gearbeitet
An Ambitionen für den neuen Werkhof fehlt es also nicht. Dies mache das Projekt auch so komplex, sagt Alice Hucker, die Leiterin des Generalplanerteams von Meili, Peter & Partner Architekten. Sie erzählt, dass sie extra eine 1:1-Simulation durchgeführt hätten, um die vielen Ansprüche von Netzleitstelle, Lagerhalle, Eichstellen, Netzstützpunkt und modernen Bürolandschaften aufeinander abzustimmen.
Die Architektin Alice Hucker denkt gerne in grösseren Zusammenhängen. Die Erweiterung des ewz-Areals betone die Bedeutung der Innovation in unserer postindustriellen Lebensweise.
Und sie hat recht: Zwischen dem Luxushotel Renaissance und dem Primetower haben sich die ZHDK, Werbeagenturen und Beratungsfirmen in ehemaligen Fabriken eingenistet. Der Ausbau des Werkhofs würde dem industriellen Charakter des Quartiers wieder mehr Gewicht verleihen. Quasi ein Ort, an dem noch handwerklich und industriell gearbeitet wird.
Über den Objektkredit von 167 Mio. Franken für den Umbau und die Erweiterung des Werkhofs Herdern stimmt die Bevölkerung der Stadt Zürich am 27. September 2020 ab.
Sie produziert über 1 Mio. kWh Wärme und 775’000 kWh Kälte und deckt damit den thermischen Energiebedarf für das gesamte Areal.
Bei der neuartigen Rezirkulationsanlage bildet das im Limmatschotter fliessende Grundwasser die Wärme-Kälte-Ressource. Dieses wird über einen Entnahmebrunnen abgepumpt, um im Sommer zu kühlen und im Winter zu wärmen.
Das Pilotprojekt schafft mit dem Entnahme- und Rückgabebrunnen saisonal ausgeglichene Temperaturen im Speichervolumen. Deshalb können ähnliche Anlagen flussauf- und -abwärts gebaut werden, ohne dass diese sich gegenseitig die Temperaturen wegklauen.