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KI und Energie: Wie viel Strom braucht künstliche Intelligenz?

Der Stromverbrauch von KI ist enorm. Was ist dazu bereits bekannt?
KI soll helfen, Prozesse energieeffizienter zum machen und Ressourcen zu sparen. Auch sie selbst soll dereinst mit wesentlich weniger Energie arbeiten.

Der Stromverbrauch einer Suchanfrage verzehnfacht sich

Wohl praktische jede*r sass schon einmal daheim vor dem PC und hat eine Frage oder einen Befehl – einen sogenannten Prompt – bei ChatGPT, Google Gemini oder Bing Chat eingegeben. Doch kaum jemand ist sich bewusst, wie viel Energie dafür benötigt wird.

Selbst die Entwickler*innen und Betreiber*innen der KI wissen nicht exakt, wie viel Strom eine Anfrage bei ChatGPT oder Google Gemini verbraucht. Forschende versuchen durch Hochrechnungen ein klareres Bild zu gewinnen.

Weibliche Programmiererin Erstellung und Testing von AI-Software. künstliche Intelligenz Energie
Forschende versuchen, den Strombedarf von KI abzuschätzen.

So sollen allein für das Training von ChatGPT 3 über mehrere Wochen fast 1’300 Megawattstunden (MWh) Strom verbraucht worden sein, so viel wie rund 420 Schweizer Vier-Personen-Haushalte in einem Jahr verbrauchen.

Dieser hohe Stromverbrauch hat gemäss Report der Stanford Universität gleichzeitig 502 Tonnen Treibhausgas-Emissionen verursacht. Natürlich verbraucht ChatGPT aber auch nach dem Training bei seiner Nutzung enorm viel Strom. Laut Schätzungen sind es täglich über 500 MWh . Und mit der wachsenden Zahl an Nutzer*innen steigt der Stromverbrauch weiter.

Alex de Vries von der Freien Universität Amsterdam gibt in seiner vielzitierten Analyse einige weitere Anhaltspunkte. Eine Anfrage bei einer Suchmaschine wie Google verbraucht 0,3 Wattstunden (Wh) Strom, eine einfache Anfrage bei ChatGPT hingegen 2,9 Wh – knapp zehnmal so viel. Komplexe Anfragen oder KI-Anwendungen, die Videos oder Fotos generieren, verbrauchen selbstverständlich deutlich mehr Strom (siehe Tages-Anzeiger (Abo) oder auch auch SRF-Digitalpodcast).

«Ein Prompt bei ChatGPT braucht knapp zehnmal so viel Energie wie eine Suchanfrage bei Google, Bing oder Ecosia.»

KI Energie ewz
Die Rechenleistung ist enorm, welche für KI-Anwendungen nötig ist (Bild mit KI generiert)

Der Blick in die Zukunft: Plus zehnmal die Schweiz bis 2026

Eine der ersten Prognosen zum künftigen Stromverbrauch liefert die Internationale Energieagentur (IEA) in ihrem aktuelle Bericht vom Januar 2024. Die Zahlen beeindrucken. So könnte der Stromverbrauch der weltweiten Rechenzentren inklusive KI-Anwendungen und Kryptowährungen von 460 Terrawattstunden (TWh) im Jahr 2022 auf 620 bis 1’050 TWh im Jahr 2026 steigen.

Je nach Entwicklung wird also zusätzlich Strom benötigt, der mindestens dem Jahresverbrauchs von Schweden bis maximal jenem von Deutschland entspricht – oder anders: rund zehnmal jenem der Schweiz mit rund 57 TWh pro Jahr. Dies hängt nicht zuletzt vom technologischen Fortschritt ab, der Effizienzsteigerung und davon, wie rasch KI in den verschiedensten Sektoren implementiert wird.

Hörtipp: Podcast von OMR Education, 00:10:30
«Alle grossen Tech-CEO rechnen als Hauptproblem damit, die Energie zu beschaffen.»

Und der Stromverbrauch hierzulande?

In Europa weist die Schweiz die zweithöchste Dichte an Rechenzentren pro Kopf aus. Insgesamt 93 Stück waren es bei der Erhebung des Immobiliendienstleisters CBRE von 2020. Aufgrund der regen Bautätigkeit dürften es inzwischen rund 100 Rechenzentren sein. Und die brauchen Strom. [Siehe auch: Artikel über ein Schweizer Datacenter – eine richtiggehende Sicherheitsburg]

Laut Bundesamt für Energie (BFE) betrug der Stromverbrauch durch Rechenzentren 2019 2,1 TWh, was 3,6 Prozent des gesamten Schweizer Stromverbrauchs entsprach. Und er steigt kontinuierlich, wie eine weitere Analyse im Auftrag des BFE zeigt.

Bis 2025/2026 dürften Rechenzentren rund 6 Prozent des Schweizer Stroms beanspruchen. Und KI-Anwendungen wurden in diesen Szenarien noch gar nicht berücksichtigt! Denn 2021, als die Analyse publiziert wurde, rechnete noch niemand mit der rasanten Entwicklung von KI.

KI Energie
Datacenter-Partner von ewz in Glattbrugg – Link zum Artikel siehe im Text
Energie KI

KI treibt Stromverbrauch der hiesigen Rechenzentren in die Höhe

Professor Adrian Altenburger, Instituts- und Studiengangleiter für Gebäudetechnik und Energie an der Hochschule Luzern (HSLU) und Co-Autor der Analyse schätzt, dass bis 2030 der Stromverbrauch in den Rechenzentren infolge der neuen KI-Anwendungen bereits 8 TWh ausmachen könnte, das wären 14 bis 15 Prozent des gesamten Schweizer Stromverbrauchs.

Altenburger hat vor seiner Forschungs- und Lehrtätigkeit selbst Rechenzentren geplant und gebaut. «Die Frage ist, ob wir den Rechenzentren die zusätzliche Menge Strom dann auch mit der nötigen Infrastruktur zur Verfügung stellen können», gibt Altenburger zu bedenken.

Künstliche Intelligenz ist durstig.

Nicht nur der Energiebedarf der KI ist immens, sondern auch der Wasserverbrauch, um die IT-Infrastruktur zu kühlen, schlägt massiv zu Buche, wie ein Team von US-Forschenden in einer Analyse zeigen konnte.

So verbrauchen 20 bis 50 Prompts bei ChatGPT 3 einen halben Liter Wasser. Das klingt erstmal nach wenig, doch bei den Milliarden von Prompts, welche User*innen weltweit eintippen, ergibt sich ein enormer Wasserverbrauch.

Problematisch ist dies, wenn Rechenzentren mittels Verdunstung gekühlt werden und das Frischwasser für andere Nutzungen nicht mehr zur Verfügung steht. Dagegen geht das Wasser in Rechenzentren mit geschlossenem Kreislauf nicht verloren.

Künstliche Intelligenz kann Energie und Ressourcen sparen

Während für viele User*innen ChatGPT und Co. nette Spielereien sind, nutzen Unternehmen KI, um Prozesse effizienter zu machen und Ressourcen zu sparen oder ganze Städte in Smart Cities zu transformieren und beispielsweise intelligente Verkehrsleitsysteme aufzubauen. Solche Optimierungen können auch den Effekt haben, enorm viel Energie einzusparen.

«Wenn wir das Gesamtbild betrachten, brauchen KI-Anwendungen eben nicht nur viel Energie, sondern sie können auch sehr viel Energie und Ressourcen einsparen.»

Adrian Altenburger

ewz ist dabei, Wartungsplanungen an Maschinen mittels KI effizienter zu machen

Genaue Prognosen und gezielte Wartungen bei ewz

Auch bei ewz analysiert man das Potenzial von KI. Beispielsweise sind Prognosen zur Stromproduktion und zum Bruttoenergieverbrauch in der Stadt Zürich mithilfe von KI genauer geworden. Denn mit dem Zubau an erneuerbaren Energien sind genaue Daten essenziell, um das Stromnetz stabil zu halten.

künstliche Intelligenz Energie
ewz-Dashboard zum Stromverbrauch in der Stadt Zürich

Je genauer ewz den Stromverbrauch kennt – was durch rückblickendes sowie vorausschauendes Analysieren möglich ist – desto besser die dortigen Teams Energiespartipps geben oder auch den Netzausbau (Stichwort Smart Grids) planen und umsetzen.

Des Weiteren ist KI bei der Instandhaltung von Maschinen interessant, um beispielsweise Wartungsarbeiten weiter zu optimieren, womit sich Energie einsparen liesse:

Wartungsarbeiten in einem Windpark
Bei der Wartung von Anlagen – hier Windenergie – kann eine Planung mit KI effizienzsteigernd sein

Doch wie steht es eigentlich um die KI selbst? Lässt sich der enorme Energieverschleiss reduzieren?

Auch bei ewz arbeiten Spezialist*innen an einem optimalen Einsatz von Künstlicher Intelligenz

powernewz in Ihrer Mailbox

Wie wird künstliche Intelligenz selbst energieeffizienter?

Damit KI für dieselbe oder für mehr Leistung weniger Energie benötigt, müssen Hard- und Software effizienter arbeiten. Daran wird weltweit intensiv geforscht.

Für Bereiche, in denen die Resultate nicht ganz so genau sein müssen, erforscht man, wie die entsprechenden Rechenprozesse weniger genau ausgeführt werden können, was weniger Energie benötigt.

Vielversprechend ist die Entwicklung neuartiger Chips. Das Team um Professor Christian Mayr an der Technischen Universität Dresden hat beispielsweise einen neuartigen Chip entwickelt und 50’000 Stück im Supercomputer Spinnaker 2 verbaut. Dieser wird in Dresden bereits zu Forschungszwecken genutzt. Anders als in gängigen Chips werden die Zellen in diesen sogenannten neuromorphen Chips nur aktiv, wenn sie ein Signal erhalten. Die Arbeitsweise spare verglichen mit heutigen Supercomputern 90 Prozent Energie, erklärt Mayr gegenüber der NZZ.

Der enorme Stromverbrauch von KI fällt in Rechenzentren an
Die Chip-Entwicklung ist ein riesiger Wirtschaftszweig geworden

Am gleichen Ort speichern und verarbeiten spart viel Energie

Auch das Hin- und Herschieben der Daten zwischen Speicher und Prozessor, wo sie verarbeitet werden, frisst viel Strom. Anders unser Gehirn: Hier werden Daten am gleichen Ort gespeichert und verarbeitet. Diesen hocheffizienten Vorgang sollen sogenannte Memristoren (von Memory/Speicher und Resistor/Widerstand) in den Chips imitieren.

«Memristive Zellen ermöglichen es, diese gigantischen Datensätze direkt im Speicher zu verarbeiten, ohne sie zwischen Prozessor und Speicher hin und her zu transportieren», erklären die Forschenden des Forschungszentrums Jülich.

KI generiertes Bild von Hand vor einem sternenhimmel mit Tablar worauf eine Smart-City steht.

Gesparte Energie dürfte direkt in neue KI-Anwendungen fliessen

Bis diese Technologien skalierbar sind und für KI-Anwendungen tatsächlich relevante Effizienzfortschritte erzielen, wird es noch einige Jahre dauern. Und so vielversprechend die Entwicklungen im Bereich Energieeffizienz auch klingen: Ein grosser Teil der eingesparten Energie dürfte dem Rebound-Effekt zum Opfer fallen, indem die freiwerdende Energie direkt in neue KI-Anwendungen fliessen

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