Bidirektionales Laden – das E-Auto als Powerbank
In der Schweiz, aber auch in Europa soll das bidirektionale Laden mit Elektroautos dereinst eine wichtige Rolle für die Netzstabilität spielen. Denn wir produzieren unseren Strom je länger je mehr dezentral und aus erneuerbarer Energie.
Die Stromproduktion aus Sonne und Wind, aber auch der Strombedarf unterliegen Schwankungen. Unsere Elektroautos könnten künftig als Zwischenspeicher dienen, um diese Schwankungen auszugleichen und zu einem stabilen Stromnetz beizutragen.
Bidirektionales Laden im Überblick
- Wie funktioniert bidirektionales Laden?
- Voraussetzung für Fahrzeug und Ladestation
- Durch bidirektionales Laden zur Netzstabilität beitragen
- Auswirkungen auf den Akku beim bidirektionalen Laden
- Bidirektionales Laden in der Schweiz
- Welche Modelle unterstützen bereits bidirektionales Laden?
- Preise für bidirektionale Wallboxen
- Fazit: die Vor- und Nachteile des bidirektionalen Ladens
Wie funktioniert bidirektionales Laden?
Beim bidirektionalen Laden dient die Fahrzeugbatterie als Zwischenspeicher für elektrische Energie. Die Batterie wird beispielsweise tagsüber, wenn viel Solarenergie produziert werden kann, am Arbeitsplatz oder zu Hause aufgeladen. Abends, wenn keine Sonne mehr scheint, speist man die Energie aus der Autobatterie des Fahrzeugs ins eigene Stromnetz zu Hause ein. Der Ladevorgang funktioniert in beide Richtungen.
Voraussetzung für Fahrzeug und Ladestation
Für das bidirektionale Laden muss der Gleichstrom (DC) aus dem Elektroauto wieder in Wechselstrom (AC) für das Stromnetz umgewandelt werden. Denn E-Autos fahren mit Gleichstrom, im Stromnetz fliesst jedoch ausschliesslich Wechselstrom.
Damit in beide Richtungen, also bidirektional, Strom geladen werden kann, braucht es einen Gleichrichter. Dieser wandelt den Strom je nach Bedarf um. Entweder ist der Wechselrichter im Bordladegerät des E-Autos integriert oder er befindet sich in einer DC-Wallbox respektive in DC-Ladestationen. Unabhängig vom Wechselrichter müssen sowohl das Fahrzeug als auch die Ladestation die Technologie unterstützen.
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Die verschiedenen Möglichkeiten von V2X
Längst ist in der Schweiz eine Diskussion darüber entbrannt, inwieweit
E- Mobilität respektive bidirektionales Laden dereinst zur Netzstabilität beitragen kann. Denn den Strom aus dem eigenen E-Auto abends zum Kochen oder Fernsehen zu nutzen, ist das eine. Mit einer ganzen Elektroautoflotte das Schweizer Stromnetz zu stabilisieren das andere.
Möglich ist beides. Je nachdem spricht man von Vehicle-to-Home (V2H) oder Vehicle-to-Grid (V2G), wobei es auch weitere Möglichkeiten gibt. Als Überbegriff wird Vehicle-to-everything oder Vehicle-to-X (V2X) verwendet.
Vehicle-to-Load (V2L)
Das Elektroauto hat eine Steckdose und bietet so die Möglichkeit, beispielsweise das E-Bike oder den Laptop unterwegs zu laden. Auf Reisen ist das besonders praktisch.
Vehicle-to-Home (V2H)
Bei dieser Variante ist das Elektroauto an die Wallbox zu Hause angeschlossen und gibt die Energie ins private Stromnetz ab. Falls das Haus mit einer PV-Anlage ausgestattet ist, lässt sich so der Eigenverbrauch erhöhen. Der tagsüber gespeicherte Strom wird in den Abend und die Nacht transferiert.
Vehicle-to-Building (V2B)
Mehrere Elektroautos versorgen ein Geschäftsgebäude oder Wohngebäude mit Strom.
Vehicle-to-Grid (V2G)
E-Autos geben den Strom ins öffentliche Stromnetz ab, wenn es zu Lastspitzen kommt, also besonders viel Energie benötigt wird, oder dann, wenn gerade wenig Strom vorhanden ist. Sobald die Lastspitze vorüber ist oder wieder mehr Strom aus erneuerbarer Energie produziert wird, werden die Autos wieder aufgeladen.
Diese Variante ist besonders spannend: Das bidirektionale Laden könnte auf diese Weise der Versorgungssicherheit dienen und erneuerbare Energien aus Sonne und Wind könnten besser ausgeschöpft werden.
Auswirkungen auf den Akku beim bidirektionalen Laden
Die Sorge, das eigene E-Auto könnte am nächsten Morgen mit leerem Akku in der Garage stehen, ist unbegründet. Autobatterien von Elektroautos speichern problemlos 50 bis 70 Kilowattstunden (kWh) Strom – die grösste aktuell erhältliche Batterie sogar 100 kWh. Ein Vier-Personen-Haushalt benötigt vom Abend bis am nächsten Morgen durchschnittlich fünf bis zehn kWh Strom. Es bleibt also genug Strom in der Batterie für die Fahrt am nächsten Morgen.
Schadet bidirektionales Laden der Autobatterie?
Viele Autofahrerinnen und Autofahrer befürchten, dass es der Autobatterie schadet, wenn sie ständig geladen und wieder entladen wird, weil die Batterie sich dadurch schneller abnutzt. Doch bisherige Erfahrungen aus Ländern wie Japan, wo bidirektionales Laden seit einigen Jahren genutzt wird, zeigen, dass dem nicht so ist.
Die Autobatterie wird sogar weniger belastet als beim Schnellladen oder wenn man sie 100 Prozent volllädt. Die Entladeleistung beim bidirektionalen Laden ist wesentlich geringer als beim Fahrbetrieb, sollte die zusätzliche Alterung gering sein, schreibt etwa der Automobil Club Schweiz (ACS).
Bidirektionales Laden in der Schweiz
In der Schweiz, aber auch in der EU steckt das bidirektionale Laden noch in den Kinderschuhen im Vergleich etwa zu asiatischen Ländern wie Japan, wo es inzwischen Standard ist und jedes Elektroauto mit bidirektionaler Technologie ausgestattet sein muss.
Für eine ausgedehnte Nutzung bis hin zu V2G fehlen jedoch nach wie vor die gesetzlichen Grundlagen, und es müssen einheitliche Normen für Ladestationen und Software geschaffen werden.
Zudem braucht es intelligente Stromnetze, die das Laden und Entladen der E-Autos steuern können, wenn beispielsweise Verbrauchsspitzen gebrochen werden sollen. Um die nötige Infrastruktur und passende gesetzliche Grundlagen zu schaffen, braucht es eine weitreichende Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Akteuren.
Ist bidirektionales Laden in der Schweiz erlaubt?
Grundsätzlich ist das bidirektionale Laden erlaubt. Seit Januar 2022 können bidirektionale Ladestationen mittels aktualisierten technischen Anschlussgesuchs (TAG) beim Verteilnetzbetreiber angemeldet werden.
Welche Modelle unterstützen bereits bidirektionales Laden?
Es gibt inzwischen einige E-Autos, die das bidirektionale Laden ermöglichen. Hier eine nicht abschliessende Auswahl an Modellen:
- Fiat 500 e
- Hyundai Ioniq 6
- KIA EV6
- Mitsubishi i-MiEV
- Nissan Leaf
- Renault Megane E-Tech
- Skoda Enyaq
- Volvo EX90
- VW ID.3, ID.4, ID.5, ID Buzz
- Polestar 3
Preise für bidirektionale Wallboxen
Um mit dem eigenen Fahrzeug bidirektional zu laden, braucht es eine entsprechend ausgerüstete Wallbox. Und hier liegt der Haken: Bidirektionale Wallboxen sind aktuell noch sehr teuer.
Je nach Modell belaufen sich die Kosten auf mehrere Tausend bis gegen 20’000 Franken. Zum Vergleich: Bei unidirektionalen Wallboxen liegen die Kosten zwischen rund 700 und 2’700 Franken. Erste Hersteller wie beispielsweise das Schweizer Start-up Sun2wheel bieten bidirektionale Wallboxen an.
Fazit: die Vor- und Nachteile des bidirektionalen Ladens
Vorteile
- Privat lässt sich der überschüssige Strom beispielsweise von der eigenen Photovoltaikanlage besser speichern und nutzen. Der Eigenverbrauch kann gesteigert werden.
- Bidirektionales Laden im grossen Stil kann eine wichtige Rolle bei der Netzstabilität übernehmen.
- Gerade für die Energiewende und die Funktion als Energiespeicher birgt die Technologie grosses Potenzial.
Nachteile
- Die Technologie und insbesondere bidirektionale Ladestationen sind aktuell noch sehr teuer.
- Für eine flächendeckende Nutzung von V2X fehlen aktuell noch die gesetzlichen Grundlagen sowie die nötige Infrastruktur, darunter beispielsweise intelligente Stromnetze.
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Dieser Artikel erschien ursprünglich im Juli 2023