CO2-Emissionen machen vor Grenzen nicht halt
Buchautor und Referent Christof Drexel ist Experte für Fragestellungen rund um die Energiezukunft und deren nachhaltige Erreichbarkeit. Mehr zu seiner Person im Portrait.
Der springende Punkt: nicht nur WO (= territorialer CO2-Ausstoss), sondern auch WER (= verursacherbasierte Emissionen) müssen betrachtet werden
Die Emission von Treibhausgasen lag in der Schweiz zuletzt (2020) bei 43,4 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten («CO2e», das sind alle Treibhausgase, umgerechnet auf die Wirkung von CO2). Das entspricht einer Pro-Kopf-Emission von 5 Tonnen CO2e, was im Vergleich mit Österreich (8,2) und Deutschland (9,0) sehr niedrig ist.
Wo entstehen CO2-Emissionen?
Diese Pro-Kopf-Werte sind aber mit sehr grosser Vorsicht zu geniessen: Sie berücksichtigen zwar die regionale bzw. nationale Energieversorgung, nicht aber das jeweilige Industriegefüge. In Bezug auf die Energieversorgung stehen die Alpenländer aufgrund der Wasserkraft tatsächlich besser da, das flache Deutschland holt aber mit Hilfe von Wind und Sonne rasant auf.
Ganz anders bei der Industrie: Die energieintensive Produktion von Grundstoffen – hauptsächlich Stahl, chemische Produkte, Zement, Papier, Glas und Keramik – ist in der Schweiz deutlich weniger zu finden als in ihren Nachbarländern; der Verbrauch derselben ist aber nicht geringer. Die Emissionen der Grundstoffe werden sozusagen mit dem Material importiert.
Verursacherbasierte Emissionen fast dreimal so hoch
Deswegen betrachtet man neben den territorialen Emissionen – also jenen Emissionen, die innerhalb der Landesgrenzen ausgestossen werden – auch die verursacherbasierten Emissionen: Der «Fussabdruck» der von den Bürgerinnen und Bürgern konsumierten Produkte wird ermittelt und aufsummiert. Wo die Emission entsteht, ist dabei unerheblich.
Wenig überraschend ist dieser Wert deutlich schwieriger zu erheben und findet sich deshalb auch selten in den Statistiken. Für die Schweiz wurde diese Erhebung aber jüngst wieder durchgeführt (für Deutschland und Österreich sind leider [noch] keine vergleichbaren/aktuellen Daten verfügbar); die Schweizer Statistik liefert für diese verursacherbasierten Emissionen einen Pro-Kopf-Wert von ca. 13 Tonnen CO2e – also mehr als das Doppelte des territorialen Werts.
Vermeiden: die grössten Hebel
Deswegen ist es von grosser Bedeutung, dass sich die Bemühungen für mehr Klimaschutz nicht auf die Emissionen im eigenen Land beschränken: Neben der nachhaltigen Energieversorgung muss auch der Bedarf von industriellen Produkten unter die Lupe genommen werden. Die wichtigsten Stichworte hierzu sind ressourcenschonendes Bauen, Fahrzeugimport und Fussabdruck von Lebensmitteln.