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Aus Wasserkraft Strom produzieren


Die Kraft des fliessenden oder verdampften Wassers erleichtert unser Leben enorm. Die Geschichte der Wasserkraftnutzung für mechanische Zwecke zeigte der erste powernewz-Artikel «Die Kraft des Wassers». In diesem zweiten Teil erfahren Sie, wie man aus Wasserkraft Strom produzieren kann.

Die hydroelektrische Nutzung der Wasserkraft

Inwiefern sich Wasser in mechanische Kräfte umwandeln lässt, haben wir also im ersten Teil der Wasserkraftentwicklung erfahren. Die erste einschlägige Überlieferung einer anderweitigen Wasserkraftnutzung, datiert aus dem ersten nachchristlichen Jahrhundert, war nicht nur eher bacchantischer Natur, sie liess sich aus naheliegenden Gründen auch nicht beliebig wiederholen. Denn damit bei der berühmten Hochzeit in Kana aus Wasser Wein werden konnte, brauchte es himmlische Unterstützung.

Das Wasserkraftwerk – ein riesiger Dynamo?

Die Umwandlung von Wasser in elektrischen Strom ist einfacher und funktioniert auch bei unmoralischem Lebenswandel. Es braucht dazu statt eines Wunders ein Stück Kupferdraht und ein paar Magneten. Das wusste – zumindest bis zur Einführung des Batterielichtes beim Velo – sprichwörtlich jedes Kind, denn ein Wasserkraftwerk funktioniert genau so wie der Dynamo. Im Prinzip.

Durch die Bewegung des Rades dreht sich ein im Dynamo enthaltener Permanentmagnet in einer feststehenden Induktionsspule. Dadurch wird ein Stromfluss erzeugt, der die Fahrradlampe zum Leuchten bringt. Die Anzahl Spitzenradler, die rund um die Uhr in die Pedalen treten würden, um so die Räder in Bewegung und das Licht am Brennen zu halten, ist allerdings begrenzt.

Wasser bringt Schwung und Strom

Die Wasserkraft ist für die notwendige Rotation des beweglichen Teils des Stromgenerators entschieden besser geeignet. Ein solcher Generator besteht aus einem Stator, welcher fest ist, und einem Rotor, der sich – angetrieben durch die Rotation einer Welle – dreht. Im Rotor eingebaut befindet sich eine Erregermaschine. Sie ist für den Aufbau eines magnetischen Feldes zuständig. Dieses Magnetfeld wird durch einen Permanentmagneten (im Bild hellrot und hellblau) erzeugt. Im Stator sind Wicklungen, auch Spulen genannt, nach bestimmten Mustern angeordnet. Dreht sich jetzt der Rotor mit den Magnetfeldern über dieses Spulenpaket, wird eine Spannung induziert. Ein Strom entsteht.

Strom aus Wasserkraft? Wie das funktioniert, ist hier einfach erklärt.
Wie wird aus Wasserkraft Strom?

Der guten Ordnung halber sei daran erinnert: Für die elektrische Energie gilt derselbe Grundsatz wie für alle Formen der Energie: Sie entsteht nicht, sie wird nicht erzeugt, sondern sie ist das Produkt einer Umwandlung. Elektrische Energie, umgangssprachlich Strom genannt, wird durch Umwandlung aus anderen Energieformen – im Falle eines Wasserkraftwerkes aus rein kinetischer oder einer Kombination von kinetischer mit potenzieller Energie – erzeugt.
Auf welche Art die Kraft von Wasser genutzt wird und in welcher Form das Wasser auf die Turbinen trifft, ist allerdings sehr unterschiedlich.

Wasserfall statt Flut und Ebbe

Für die Schweiz als Binnenland nicht überraschend: Gezeitenkraftwerke, also Kraftwerke, die die Fliessbewegung von Wasser nutzen – die durch den Gezeitenwechsel, die «Tiden» entsteht –, sind eher selten. Ihre Wirkungsweise ist abhängig vom Tidenhub, der beispielsweise in der Flussmündung bis zu 15 Meter betragen kann. Durch eine Sperrung des Mündungstrichters mittels eines Dammes gegen das offene Meer hin wird das grosse Gefälle zwischen Flut und Ebbe für ein Wasserkraftwerk genutzt. Nachteil: Die tägliche Betriebsdauer ist wegen der kurzen Zeiten des Gezeitenwechsels auf weniger als eine Stunde beschränkt.

Laufwasserkraft und Speicherwasserkraft: markante Unterschiede

In der Schweiz mit seinen Bergen und Flüssen eher verbreitet sind Laufwasser- und Speicherwasser-kraftwerke. Der markanteste wirtschaftliche Unterschied: Beim Laufwasserkraftwerk wird die zur Verfügung stehende Energie des Wassers kontinuierlich, beim Speicherkraftwerk, also einem Kraftwerk im Zusammenhang mit einem Staudamm, nur dann zur Stromerzeugung genutzt, wenn der Bedarf da ist. Oder wenn der Strom zu guten Konditionen verkauft werden kann.

Wenns läuft, dann läufts

Das heisst: Analog zu den Schöpfwasserrädern der Antike entspricht die Nutzung der Laufwasser-kraftwerke dem unterschlächtigen Schöpfrad (siehe Artikel zur mechanischen Wasserkraftnutzung). Die Menge und die Fliessgeschwindigkeit des Antriebswassers passt sich dem Lauf des Flusses an und kann nicht beeinflusst werden.

Ein Arbeiter in einem Stollen
Druckstollen des ewz-Wasserkraftwerks Tiefencastel/Juliawerkes. Aufgenommen 1947
Schaltzentrale
Kommandoraum Tiefencastel 1950

Blick auf einen Stausee
Früher wie heute ist die Dammkrone des ewz-Staudamms Marmorera ein beliebter Halt (um 1956)
Foto aus dem Maschinenhaus des Kraftwerks Solis bei Sils i.D. von 1955.
Männer auf einer Plattform mitten im See. Auf der Plattform befindet sich eine grosse Kabelrolle.
Eine der Lastenseilbahnen, die für den Bau der Staumauer Albigna erstellt wurden. Sie wurden nach dem Bauabschluss zurückgebaut.
Strommasten in Berglandschaft
Hochspannungsleitung über den Septimerpass

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Flexible Nutzung aus dem Speicher

Beim Speicherwasserkraftwerk hingegen kann – analog zu den oberschlächtigen Schöpfrädern – Menge, Geschwindigkeit und Zeitfenster der Nutzung des Wassers, das von oben auf die Radschaufeln stürzt, gesteuert werden. Und auch hier wird neben der kinetischen «Bewegungs»-Energie zusätzlich die potenzielle («Lage»-)Energie zur Rotation der Generatoren eingesetzt.

Erste Speicherwasserkraftwerke für Zürich

Speicherwasserkraftwerke spielen für die Stromversorgung der Stadt Zürich seit Mitte des 20. Jahrhunderts eine zentrale Rolle. Im Wägital, vor allem aber im Bergell, im Albula- und im Landwassertal wurden Talsperren für Stauseen als Wasserreservoire errichtet. Einige Staumauern in den Bergen entstanden aus Bauwerken, die ursprünglich nicht die Nutzung von Wasserkraft, sondern im Gegenteil dem Schutz gegen die Wasserenergie dienten. So ist die Staumauer auf der Albigna oberhalb Vicosopranos im Bergell auf einem kleineren Wehr aufgebaut, das im Nachgang zu den katastrophalen Hochwassern im Bergell im September des Jahres 1927 errichtet worden war.

Die Kooperation zwischen Zürich und Graubünden: Bis heute unterschiedliche Empfindungen

Die Geschichte der Entstehung dieser Wasser- und Stromkooperation zwischen Zürich und Graubünden ist – je nach Perspektive diverser schriftlicher und mündlicher historischer und heutiger Quellen – die Geschichte einer fruchtbaren Zusammenarbeit einer schwach bevölkerten, wasserreichen alpinen Landschaft und einer bevölkerungsreichen, energiegefrässigen Stadt oder aber die Geschichte einer ruchlosen Ausbeutung einer strukturschwachen Bergregion durch ausbeuterische Unterländern.

Über die Hälfte des Schweizer Stroms kommt aus der Wasserkraftnutzung

Sicher ist: Die Möglichkeit der Nutzung von Wasserenergie zur Deckung des exponentiell steigenden Stromverbrauchs war für die wirtschaftliche Blüte von Städten wie Zürich existentiell. Und sie ist es noch immer: Knapp 4 Billionen Liter Wasser (entspricht 4 Milliarden Kubikmetern) werden in den 54 wichtigsten Stauseen zur Stromproduktion gespeichert. Insgesamt werden mittels Wasserkraft rund 56,4% der nationalen Stromproduktion der Schweiz erzeugt (Tendenz: steigend), 35,2% steuern die Atomkraftwerke bei, die restlichen 8,4% entfallen auf thermische Kraftwerke (Fernwärme) und diverse erneuerbare Energien – Tendenz selbstverständlich ebenfalls steigend (Quelle).

Ein Mann, der mit einer Gurte an einer Leiter befestigt ist, prüft etwas an einer Stromleitung.
Schwindelfrei und wagemutig: Freileitungsmonteur auf einem Strommasten
Schwarzweiss-Bild der Stadt Zürich bei Nacht

Die Pumpstation – das erste Laufwasserkraftwerk in Zürich

Obschon bei der Stromproduktion durch Wasserkraft die Speicherwasserwerke sowohl anteilmässig – sie liefern knapp 32% gegenüber gut 24% durch die Laufwasserkraftwerke – als auch wirtschaftlich eine dominierende Rolle spielen, war die erste Stromlieferantin der Stadt Zürich ein Laufwasserkraftwerk. 1878 als Wasserwerk in Betrieb genommen, um als Pumpstation wie erwähnt Wasser in die verschiedenen Reservoirs der Stadt Zürich als Brauchwasser zu pumpen, lieferte es ab den 90er-Jahren des 19. Jahrhunderts Elektrizität.

Ohne die Bündner zu wenig Strom

Dem wachsenden Bedarf an Strom genügte dieses Lettenwerk aber bald nicht mehr: Bereits 1904 wurde das Laufwasserkraftwerk Beznau in Betrieb genommen. Eine halbe Dekade später begann mit dem Albula-Kraftwerk in Sils im Domleschg die bis heute erfolgreiche Zusammenarbeit mit den Stromproduzenten im Albulatal und im Bergell.

Bereits 1910 war die Stadt Zürich vom Strom aus Graubünden abhängig: Während Letten mit knapp 5% und Beznau mit rund 13% an der Stromversorgung beteiligt waren, flossen fast 85% der Elektrizität aus dem Albulatal nach Zürich. Mit dem Bau der Speicherwasserkraftwerke Albigna im Bergell und Marmorera im Oberhalbstein in den 1950er-Jahren sicherte sich die Stadt Zürich bis heute eine umweltgerechte Versorgung mit elektrischem Strom. [Mehr zur ewz-Stromproduktion aus erneuerbaren Energien.]

Nachhaltigkeit nach bestmöglichen Grundsätzen

Trotz unbestrittener Nachhaltigkeit und Umweltschonung ist auch die Wasserkraftnutzung – wie auch die Windenergie und Solarenergie – mit Vorhaltungen aus Naturschutzkreisen konfrontiert. Stauseen, Windräder und Solarparks verändern die Landschaft, sie beeinflussen die natürlich gewachsenen Lebensräume von Mensch, Flora und Fauna. Allerdings: Fortschritt hat seinen Preis, bei der Nutzung erneuerbarer gegenüber fossiler und atomarer Energiequellen ist dieser immer noch kleiner.

Weitere Nutzung des Wassers: thermisch mittels Seewasserverbund

Dem Wasser kann aber nicht nur kinetische oder potenzielle Energie entzogen werden, sondern auch thermische. Konkret: Dem Seewasser wird in einer Energiezentrale die Wärme entzogen und in Form von Heizwärme abgegeben. Das nur minimal abgekühlte Wasser fliesst in den See zurück. Im Sommer geht der Kreis umgekehrt: Aus der Tiefe des Sees wird kühles Wasser in eine Kältezentrale geliefert und von Kältemaschinen zur Kühlung von Räumlichkeiten genutzt. Anschliessend fliesst das Wasser in den See zurück.

Lesen Sie dazu auch unserer Reportage «Seewasserverbund Zürich: Seethermie für nachhaltige Wärmeversorgung» sowie die Kolumne von Christof Drexel «Der Seewasserverbund – eine Art Saisonspeicher«.

Warum ewz und die Stadt Zürich konsequent auf erneuerbare Energien setzen und wie wichtig die Stromproduktion aus einheimischer Wasserkraft ist, erfahren Sie auf unserer Website.

In der ewz-Chronik finden Sie zudem die Meilensteine der Stadtzürcher Elektrifizierung ab 1890 sowie viele Bildimpressionen aus dieser Zeit im Zürcher Stadtarchiv.

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