Magazin Rubriken Wasserkraft
Porträt von Christof Drexel

Regionalwirtschaft stärken

Kolumne von christof drexel, 21.04.2020

Das Handwerk hat in den letzten Jahrzehnten massiv an Bedeutung verloren. Die Tätigkeiten wurden entweder von Maschinen übernommen oder ins ferne Ausland ausgelagert. Das betraf und betrifft nicht nur die klassischen Handwerksberufe, sondern alle Arbeiten, die manuell verrichtet werden. Besonders drastische Zahlen liefert die Landwirtschaft: Während dort z.B. in Deutschland im Jahr 1950 noch 25% aller Arbeitsplätze verankert waren, sind es heute keine 2% mehr. [Quelle]

Globalisierung, Automatisierung und zuletzt auch die Digitalisierung führen zu mehr Wohlstand. Prinzipiell. Doch alles hat seinen Preis. Und bei einem bestimmten Niveau des Wohlstands muss man sich fragen, ob der Preis für den letzten Zuwachs nicht schon höher ist als der Nutzen. Denn nicht immer macht mehr Wohlstand auch glücklicher.

Die Corona-Krise zeigt uns gerade eindrücklich auf: Wie weh die Einschränkung der persönlichen Freiheit tut, wie ungewohnt und gleichzeitig bedrohlich eine kollektive Gefahr für die Gesundheit ist, wie sehr wir den freien Zugang zur Bildung schätzen, und dass Arbeit viel mehr ist, als nur Geld zu verdienen. All das ist uns eigentlich wichtiger als die Verfügbarkeit von Einweg-T-Shirts. Und dennoch haben wir – wohl nicht bei vollem Bewusstsein – unsere Gesellschaft und unser Wirtschaftssystem so umgebaut, dass die Stillung unserer wichtigsten Bedürfnisse hochfragil ist. Die Abhängigkeit von globalisierten Warenströmen bedroht in dieser Krise die Versorgung mit Schutzausrüstungen und Medikamenten. Dadurch werden plötzlich auch die Gefahren vieler anderer Abhängigkeiten sichtbar.

Es geht aber anders: Wir brauchen wieder starke Regionalwirtschaften. So regional wie möglich, so global wie nötig. (Kontrovers: Was bedeutet es für Menschen in Bangladesch, wenn sie nicht mehr für uns nähen? Und wie gross ist das Aufatmen im bäuerlichen Afrika, wenn wir kein Massentierhaltungsfleisch zu Tiefstpreisen mehr liefern?)

Hierzulande ist es jedenfalls gut, wenn wir Schutzmasken auch selbst nähen können. Es ist noch besser, wenn sich eine Region mit Lebensmitteln versorgen kann, zumindest in einer Notsituation. Es ist auch gut, wenn es eine Handwerkerin um die Ecke gibt, die mein technisches Gerät reparieren kann (weil für eine neues gerade die Lieferkette unterbrochen ist). Es wäre noch besser, wenn der Schneider nicht nur meinen Reissverschluss repariert, sondern auch meine Hose nähen könnte.

Was es hierzu braucht? Das Erkennen dieser Werte. Und den politischen Willen, diese Werte dauerhaft zu sichern.

powernewz in Ihrer Mailbox

Artikel teilen

weitere Artikel

Luftaufnahme des Stausees Albigna.
Wo liegt die Zukunft der Wasserkraft?
Wasserkraft
Häuser und Kirche des malerischen Örtchens Soglio, das im Bergell liegt.
Herbstferien in der Schweiz: 10 Reiseziele für nachhaltige Ferien
Tipps
Blick auf den Turm vom Steg aus. Der Turm spiegelt sich im Wasser.
Sieben Fussballfelder für eine bedrohte Moorlandschaft
Renaturierung
Illustration von Händen, die gemeinsam einen Kreis zeichnen
Blockchain demo­krati­siert unsere Daten
Interviews
Winterstrom: 6 Lösungen für Engpässe
Kolumne
Güterverkehr: Wie erreichen wir Zero Emission?
Kolumne
Türkisgrüne Anlage an der bunte Sicherheits-Fähnchen sowie ein Schild Achtung Hochspannung hängen.
Einblick in die Stromver­sorgung von Zürich
Versorgungssicherheit
Eingangsbereich des Kraftwerk mit Gartenbestuhlung auf dem Aussenplatz
Im Überblick: Coworking-Spaces in der Schweiz
Smart City
Kommentare

1500 Zeichen übrig

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht publiziert.