Magazin Rubriken Versorgungssicherheit
Portrait Christof Drexel

Eingriffe in die Natur:
Wie schön muss Energieversorgung sein?

Kolumne von christof drexel, 24.08.2021

Die Infrastrukturanlagen der klimaneutralen Ära sehen anders aus als jene, die wir aus der Vergangenheit kennen. Das betrifft beispielsweise das Verkehrssystem mit Strassen, Gleisen, U-Bahn-Röhren und anderen Anlagen des modernen öffentlichen Verkehrs. Am deutlichsten ist die Veränderung in der Energieversorgung sichtbar. Welche Rolle muss bzw. darf der Landschaftsschutz hier spielen?

Zur Ausgangslage: Öl- und Gasfelder sind weit entfernt, Kohleabbaugebiete zeugen zumindest im benachbarten Deutschland davon, wie massiv in die Landschaft eingegriffen werden muss, um die fossile Energieversorgung zu betreiben. Auch Atomkraftwerke bestechen nicht durch ihre Schönheit, und Hochspannungsleitungen werden grossflächig als notwendig geduldet.

Die Energieversorgung der Zukunft – die vielerorts schon begonnen hat – fusst auf erneuerbaren Energien; Solar-, Wind- und Wasserkraft sind die wichtigsten Vertreter. Oft ist auch hier ein Eingriff in die Natur erforderlich, und die Diskussion, was erlaubt sein soll und was nicht, ist wichtig.

Als falsch betrachte ich aber die Haltung, die den Landschaftsschutz über die Notwendigkeit stellt, die Energieversorgung auf 100% erneuerbar umzubauen. So hart es klingt: Schaffen wir es nicht rechtzeitig, die globale Erwärmung einzudämmen, werden wir uns an der Landschaft nicht mehr erfreuen können, den der Klimawandel in der Schweiz wird sich auf die Landschaft deren Bewohner auswirken.

Die Frage lautet also:

Wie gestalten wir die klimaneutrale Energieversorgung mit möglichst geringen Eingriffen in die Natur?

Nur die Dächer unserer Gebäude mit PV-Modulen zu belegen, reicht leider nicht. Photovoltaik kann beispielsweise im grossen Stil auf bestehenden Infrastrukturanlagen errichtet werden, wie eine kürzlich erschienene Studie der Energie Zukunft Schweiz zeigt.

Neben der Verwendung der Überdachung von Parkplätzen sowie der Lärmschutzwände spielt dabei auch die Nutzung von Stauseemauern eine Rolle. Flächen, die bereits landwirtschaftlich genutzt werden, bieten ebenfalls Synergiepotenziale für Solarenergie, man spricht dann von Agri-PV (auch Agro-PV).  

Diese synergetische Nutzung ist jedenfalls anzustreben; ganz ohne weitere Flächen wird es aber nicht gehen. Sei es für Windkraftanlagen oder auch für Speicherwasserkraft. Dabei sind neben dem Landschaftsschutz mitunter auch noch weitere ökologische Aspekte zu berücksichtigen.

Dennoch, die klimaneutrale Energieversorgung muss Prämisse sein.

Und nur zur Erinnerung: Je mehr Beachtung den Reduktionsstrategien (Suffizienz und Effizienz) geschenkt wird, umso schöner bleibt unsere Landschaft.

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Kommentare

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Bisherige Kommentare (4)
Patrik sagt:

Leider werden Photovoltaik Anlagen durch unnötige Auflagen der Behörden verteuert. Bei mir die Auflage Blindmodule bei Kamin undLüftungseinfassung einzubauen.
Optisch ansprechende Blindmodule bei Kaminen, Lüftungseinfassungen etc. kosten viel.
Auf das Ausnahmebewilligungsgesuch-Schreiben, da dunkle Module und Profile auf dunklen Ziegeln verbaut werden, wird durch die Behörde nicht mal Bezug genommen.
Dadurch wird die Amortisationszeit unnötig verlängert.
(EFH Süd-Nord PV Anlage)
Was sicherlich nicht dem schnelleren Ausbau der PV Anlagen dient.
Solche Auflagen sollten mit Augenmass angewendet werden und die Bewilligungsphase einer EFH PV Anlage nicht auf unsägliche fast 3 Monate verlängern. [letzter Satz von der Redaktion gekürzt, da wir keine Beleidigungen zulassen.]

Josef Benz sagt:

In der Schweiz Solarzellen auf Acker- und Kulturland aufzustellen wäre völlig falsch! Wir haben sonst schon Zuwenig davon! An Bergen und im Gebirge gäbe es genügend Platz.
Den Stromverbrauch enorm voranzutreiben ist gefährlich! Wir haben heute noch nicht die Möglichkeiten genug Strom zu produzieren, ausser wir würden einige Atomkraftwerke bauen.
So gedankenlos voll auf die El- Autos zu setzen ist auch sehr gefährlich. Die nötigen Ressourcen für die Batterien sind viel zu knapp, und würden vielleicht genügen für einige Industrieländer, aber alle anderen hätten keine Chance mitzumachen. Auch die gefährliche Entsorgung wäre nur für einige hochspezialisierte Firmen möglich, und wie sieht es eigentlich aus mit der Entsorgung der Solarzellen?

Christof Drexel sagt:

Lieber Herr Benz,
die Frage ist nicht PV oder Acker: Moderne Agri-PV-Anlagen kombinieren beides miteinander. Es gibt eine Reihe von Kulturen, die mit mehr Schatten besser gedeihen; dazu gehören Kartoffeln, Hopfen, Blattgemüse und vieles mehr. Eine Teil-Überdachung durch PV-Module schützt u.a. vor Witterungsschäden und reduziert den Wasserverbrauch.
Bzgl. Stromverbrauch ist nicht das Ziel, ihn voranzutreiben; es ist aber unerlässlich, aus den fossilen Energieträgern auszusteigen. Und das ist weitgehend nur mit Elektrifizierung möglich. Parallel dazu müssen Effizienz-Anstrengungen unternommen werden, um den Bedarf des Bestands zu reduzieren und somit das Ausbau-Erfordernis in Grenzen zu halten.
Fortsetzung folgt.

Christof Drexel sagt:

Gedankenlos auf etwas zu setzen, ist immer falsch; im Falle der E-Mobilität ist es aber doch sehr klar, dass sie ein Teil der Lösung ist: Wir müssen unsere Mobilität sicher grundsätzlich neu denken, eine Verlagerung vom Motorisierten Individualverkehr hin zur sanften Mobilität ist jedenfalls erforderlich. Die E-Mobilität springt dort ein, wo Fahrten nicht zu vermeiden oder verlagern sind.
Alle unsere Ressourcen sind endlich; die Kreislaufwirtschaft muss in alle Bereiche Einzug halten, nicht nur in die E-Mobilität. Die Rohstoffe der Batterien werden bereits zu etwa 80% rezykliert, das Ziel muss aber immer bei 100 liegen. Gegenüber vielen anderen Bereichen ist das jedenfalls schon ein recht guter Wert. Dasselbe gilt auch für Recycling von PV-Modulen. Freundliche Grüsse, Christof Drexel